Endlich die Baumschutzsatzung für Bielefeld

Baumumpfang wird gemessen

Der 23.06.2022 ist ein großer Tag für den Natur- und Klimaschutz in Bielefeld. Im Stadtrat konnte endlich die Baumschutzsatzung für Bielefeld wiedereingeführt werden. Nun erhalten unsere Bäume endlich wieder die Aufmerksamkeit und den Schutz, den sie verdienen. Wir haben versucht, die wichtigsten Punkte zusammenzufassen und wollen mit diesen FAQs zum Verständnis beitragen.

Das Hauptargument der Kritiker der BSS schlechthin. Allerdings gibt es keinerlei Belege, dass dies überhaupt stimmt. Nicht alle Bäume sind von der BSS betroffen. Es werden sinnvolle Ausnahmen definiert. Somit gibt es keinen Grund, in Panik zur Kettensäge zu greifen.

Bäume gewinnen mit der Zeit zusehends an Schönheit (nicht falsch verstehen, auch junge Bäume sind natürlich hübsch J), ökologischem Wert und durch die Vergrößerung ihrer Blattmasse an Klimaschutz- und Luftreinigungsfunktion. Es macht also Sinn, ihnen ab einem bestimmten Alter besonderen Schutz zukommen zu lassen.
Der Schutz definiert sich über den Stammumfang, da dieser Aufschluss über das Alter der Bäume gibt. Es gilt also, für Bielefeld einen angemessenen Stammumfang zu wählen, ab dem die Bäume geschützt werden sollen. Die neue BSS sieht vor, Laubbäume ab einem Stammumfang von 60 cm (gemessen in 1 Meter Höhe) und Nadelbäume ab einem Stammumfang von 100 cm zu schützen. Das deckt sich mit dem Durchschnittswert aus vielen anderen Kommunen, die eine Baumschutzsatzung haben.

Ein klares JA. Obstbäume sind eine wichtige Nahrungsquelle für eine Vielzahl von Insekten und Vögeln und tragen, z.B. in Form von Streuobstwiesen, erheblich zum Erhalt der Biodiversität bei.

Durch die Trockenheit der vergangenen Jahre und den damit einhergehenden Verlust eines großen Teils unserer Nadelbäume, brauchen die verbliebenen Nadelgehölze einen besonderen Schutz vor Abholzung. Sie sind wichtige Nist- und Futterplätze für Tiere, binden Kohlenstoff und reinigen die Luft. Da Nadelbäume im Durchschnitt wesentlich schneller wachsen als Laubbäume ist der Stammumfang ab dem sie unter den Schutz der BSS fallen, 40 Zentimeter größer als bei Laubbäumen.

Auf privatem Grund und Boden ist bei weitem nicht ALLES erlaubt. Man denke nur an das Baurecht. Und genau wie das Baurecht regelt, dass es z.B. bei der Bebauung oder bei der Versiegelung der Grundstücksfläche bestimmte Auflagen oder Vorgaben gibt, so sollte auch der Erhalt der Bäume eine Aufwertung durch besonderen Schutz verdienen.
Eigentum verpflichtet: Der Baumbestand auf privatem Grund ist nicht nur für den Besitzer alleine da. Vielmehr ist seine Bedeutung viel weitreichender: Er hat eine entscheidende Bedeutung für Ökosystem und städtisches Klima. Letzteres ist ein wichtiger Fakt, wenn wir über Klimaanpassungskonzepte für den Innenstadtbereich sprechen, um die übermäßige Erhitzung stark versiegelter Bereiche zu vermeiden.
Bäume auf privatem Grund erfreuen zudem die Nachbarn (außer diejenigen, die sich übers Laub beschweren) und tragen zur Gesundheit der Bielefelder*innen allgemein bei.
Aufgrund dieser vielfältigen Funktionen, die gerade ein alter Baumbestand hat, ist zu sagen:
Baumschutz liegt im öffentlichen Interesse –
egal auf wessen Grund und Boden der Baum steht.

Hier hat Bielefeld 2009 bereits den ersten Schritt getan. Die Baumerhaltungsrichtlinie (BER) gilt für die Stadt und ihre Gesellschaften (wie Stadtwerke, BGW). Durch sie wird geregelt, wann Bäume gefällt werden dürfen und wann nicht, außerdem wird dafür gesorgt, dass Ersatz gepflanzt werden muss. Allerdings: Die BER ist eine RICHTLINIE, eine SATZUNG ist wesentlich verbindlicher. Mit der Einführung der BSS wird nun die BER entfallen und erstere (also die BSS) auch für die Stadt und ihre Gesellschaften gelten.

Aussagen über stattgegebene Fällungen können bei der Wiedereinführung der Satzung frühestens nach einem Jahr getroffen werden. Da der Fokus der BSS auf einem umfangreichen Beratungsangebot liegt, erwarten wir eine zunehmende Sensibilisierung der Baumbesitzer*innen für Baumbelange. Neben der Möglichkeit, vor einer Fällung verschiedene Optionen zum Erhalt eines Baumes zu erörtern, liegt ein weiterer Fokus auf der Vermeidung von Folgeschäden durch Eingriffe im Rahmen von Baumaßnahmen. Diese führen häufig dazu, dass Bäume aufgrund unsachgemäßen Umgangs während Baumaßnahmen so stark vorgeschädigt werden, dass sie einige Jahre später gefällt werden müssen. Das soll durch fachliche Beratung im Planungsprozess verhindert werden.

In kritischen Fällen sind Ausnahmen möglich. So können z.B. Befreiungen erteilt werden, wenn nicht beabsichtigte Härten vorliegen oder die Bäume krank und nicht mehr standsicher sind.

(Definition Außenbereich: Als „Außenbereich“ werden Grundstücke und Flächen bezeichnet, welche außerhalb von zusammenhängenden Bebauungen und somit nicht im Geltungsbereich von qualifizierten Bebauungsplänen liegen.)
Nein. Gemäß der Baumschutzsatzung werden Bäume innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile und des Geltungsbereichs der Bebauungspläne geschützt. Bäume außerhalb des Zusammenhangs bebauter Ortsteile sind über die Festsetzungen in den Landschaftsplänen geschützt. Zusätzlich unterliegen einige besondere Bäume dem Schutz als Naturdenkmal oder geschützter Landschaftsbestandteil.

Dieses Risiko muss man eingehen. Zumal es ein Totschlagargument bei vielen politischen Maßnahmen ist. Aber vielleicht gelingt es, durch diese bürger*innenfreundliche Satzung für Bielefeld auch das Kritikerlager zu überzeugen. Schließlich haben sich die Anforderungen an unsere versiegelten Bereiche in den letzten Jahren erheblich verändert. Dies belegen die Konzepte zur Klimaanpassung, Lärmaktions- und Luftreinhalteplan. Diesen Veränderungen sollte von politischer Seite Rechnung getragen werden.

Im Umweltamt wird es zuständige Ansprechpersonen geben. Diese geben Auskunft über die Baumschutzsatzung, beraten bei konkreten Fragen und helfen bei den Anträgen. An diesen Mitarbeiter können sich die Bielefelder*innen auch wenden, wenn sie den Eindruck haben, dass ein Baum entgegen den Richtlinien der BSS gefällt werden soll, bzw. gefällt wurde.

Fällt ein Baum aufgrund von Krankheit oder Alter aus oder wird er im Sturm umgeworfen, besteht die Verpflichtung zu einer Ersatzpflanzung oder Ausgleichszahlung nicht. Natürlich wäre es trotzdem schön, wenn die/der Eigentümer*in einen Baum nachpflanzt. Aber das ist allein ihre/seine Entscheidung.